Hundetrainer Martin Knauder kennt dieses alljährliche Problem nur zu gut. Seine Hündin Josie ist ein sportliches As, doch an Silvester traut sich die Australian-Shephard-Dame nicht mehr vor die Tür. Wenn auf den Straßen mit viel Lärm und Knallerei das neue Jahr beginnt, ist das ein Albtraum für zahlreiche Vierbeiner. “ Rund 88 Prozent aller Hütehunde, die in unseren Haushalten leben, enwickeln zwischen dem dritten und vierten Jahr eine Knallangst“, erklärt Knauder „Silvester ist für sie am schlimmsten, aber auch ein Gewitter oder ungewohnt laute Geräusche lösen bei ihnen ein tief sitzendes Unbehagen aus“.
Ebenso ergeht es vielen anderen Vierbeinern, die entweder ein zartes Nervenkostüm besitzen, schlechte Erfahrungen gesammelt haben oder deren Knallangst falsch therapiert wurde. Sie steigern sich vor lauter Panik so in ihre Angst hinein, dass sie sich irgendwann regelrecht in einem Stresstunnel befinden, aus dem sie alleine nicht mehr herausfinden.
Der Angst ohne Druck begegnen
Dabei muss ihnen der Mensch helfen. „Aber bitte ohne Druck“, warnt der Experte. Sehr traumatische Tiere wagen sich ab Silvester Nachmittag nicht mehr auf die Straße – einige tagelang danach nicht. „Es wäre fatal, sie dann ungeduldig vor die Tür zu zerren und ihre Ängste nicht ernst zu nehmen. Damit wird nichts oder sogar eine Verschlimmerung ihres Verhaltens erreicht.“ Von einer medikamentösen Behandlung rät der Hundetrainer ab: „Tabletten stellen das Tier nur ruhig, es bekommt dennoch alles mit, kann sich aber nicht wehren“. Viel wichtiger ist es, an den Grundlagen zu arbeiten. Das heißt: „Bindung und Vertrauen aufbauen. Wer mit seinem Hund eine gemeinsame Aktivität erlernt und festigt, kann genau in der gewünschten Situation darauf zurückgreifen und den besten Freund von seiner Furcht ablenken.“
Glücksgefühle aktivieren, ist die Lösung
Martin Knauder suchte nach einer Lösung. Er wollte Josie so beschäftigen, dass sie alles um sich herum vergisst, und kam auf das Naheliegende: die Nasenarbeit. Schnüffeln ist für alle Vierbeiner eine sinnvolle Aufgabe, die ihre volle Aufmerksamkeit erfordert und gleichzeitig beruhigend wirkt. Der gesamte Stoffwechsel profitiert davon. Die Lungen nehmen mehr Sauerstoff auf, und der Kreislauf, Speichelfluss und die Blutzirkulation werden angeregt. Dadurch aktiviert, setzt das im Maul des Hundes befindliche Jacobsonsche Organ wahre Glückshormone frei. Das Wechselspiel von aktivierten Hormonen, sensibilisiertem Nervensystem und angeregter Stoffwechseltätigkeit begünstigt das Wohlbefinden des Hundes und fördert den Stressabbau.
Kulinarische Suchspiele lassen jede Angst vergessen
„Das alleine reicht jedoch nicht aus, um tief verankerte Ängste zu lösen. Erst in der Zusammenarbeit mit seinem Menschen hat unser tierischer Partner wirklich eine Chance, diesen Teufelskreis zu durchbrechen“, erklärt der Experte. Kurzerhand entwickelte er einen Schnüffelrasen, der für Josie nun die Lösung sein sollte, um sie zu Hause und bei bestimmten Anlässen gezielt abzulenken. In dem grünen Fransenteppich versteckte er Leckerlis und ermutigte sie, danach zu suchen. Das klappte hervorragend. Der Erfolg ist dank des ausgeprägten Geruchsinns der Hunde garantiert.
Mit viel Lob von Frauchen und Herrchen wird ihr Selbstvertrauen der gesteigert, und sie sind motiviert, stets eine neue Suche zu beginnen. An Silvester arbeitet Marin Knauder mit besonderen Delikatessen. „Dann gibt anstelle üblicher Leckerlis wahlweise Pfannkuchen, Popcorn, Käse oder Spätzle“, erzählt er augenzwinkernd. „Den neuen Gerüchen und ungewohnten Leckereien kann Josie nicht widerstehen.“ Die Schnüffelei hat es in sich: Rund zwölf Minuten Nasenarbeit entsprechen einem Spaziergang von 45 Minuten. Während des Suchens sollte der Halter seinen Hund nicht überfordern, und stets muss genug Wasser bereitstehen.
Rechtzeitig anfangen zu üben
Wer es ausprobieren möchte, fängt am besten schon ein paar Wochen vor dem Jahreswechsel mit dem Training an. Drei bis vier Minuten täglich reichen aus. Ob Schnüffelrasen oder andere Konstruktionen, je mehr Gerüche mit der Zeit dazukommen, umso verlockender ist es für die tierischen Protagonisten. Gleichzeitig sind sie motiviert und freuen sich über diese urtypische Beschäftigung. Nasenarbeit erfordert zudem den Einsatz des Köpfchens, und die Hunde können ihre kognitiven Fähigkeiten mit Bravour unter Beweis stellen.
„Der Durchbruch kam nach gut drei Jahren an Silvester“, schildert Knauder stolz. „Als die Knallerei losging, erschnüffelte Josie ungerührt ihre Beute. Gegen zwei Uhr musste sie mal raus, und was die Jahre vorher unmöglich war, funktionierte plötzlich. Wir konnten vor die Tür gehen, sie ihr Geschäft verrichten, vorsichtshalber noch an der Leine, und ganz ohne Stress kamen wir wieder heim.“ Angestachelt von dem Erfolg begann er noch mehr Teppiche mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden herzustellen.
Unser Fazit zum Schnüffelrasen
Für Josie und viele weitere Hunde sind sie eine wunderbare Alternative, um mit dem besten Vorsatz ins neue Jahr zu starten. Schnüffelspiele in den eigenen vier Wänden eignen sich auch für kalte Tage, an denen die Gassigänge zwangsläufig etwas kürzer ausfallen. Auch ältere Schnauzen sowie Tiere mit Handicap oder Mobilitätsstörungen können so perfekt ausgelastet und gefördert werden. Das Beste daran: Es macht Zwei- und Vierbeinern gleichermaßen Spaß, und sie arbeiten ganz spielerisch an ihrer Bindung. Und das kann bekanntlich ja nie schaden. Suzanne Eichel
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