Können sich unsere Partner auf vier Pfoten absichtlich schwer machen? Normalerweise lassen sie sich je nach Größe verhältnismäßig leicht anheben.
Doch es gibt Situationen, da wird selbst der kleinste Hund zum Felsbrocken. Ist
das nur die Wahrnehmung des Halters oder steckt mehr dahinter?

Clara lockt ihren quirligen Mischlingsrüden: „Komm, wir machen einen Ausflug!“ Poldi
läuft freudig her, stoppt aber abrupt ab, als er die offene Kofferraumklappe erspäht. Als das Mädchen den gerade einmal acht Kilo wiegenden Hund reinhieven will, staunt sie. „Wow, bist du heute aber schwer.“ Ähnliches erzählt Jeanette von ihrem Border Collie. „Abends kommt Maya, um gestreichelt zu werden. Oft nehme ich sie dann auf den Schoß. Doch manchmal macht sie sich so schwer, dass ich sie kaum anheben kann.“

Die Strategen der Hunde
Warum verhält mein Hund sich so?
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Dr. Franziska Kuhne, Fachtierärztin für Tierschutz und Verhaltenskunde an der Justus-Liebig-Universität Gießen, kennt das Phänomen. „Die Hunde sind nicht schwerer als sonst“, erklärt die Expertin. „Sie wehren sich gegen etwas, das sie nicht wollen. Sie machen sich stocksteif, erstarren.“ Unsere Vierbeiner geraten ständig in innere Konflikte. Manchmal ist nicht genügend Platz zum Vorbeigehen da, mal ist es das scheppernde Müllauto oder ein aggressiver Artgenosse, der sie stresst.

Tierisches Repertoire verstehen

„Tiere haben unterschiedliche Strategien entwickelt, um einen Konflikt zu lösen. Schnecken ziehen sich in ihr Haus zurück, das Chamäleon wechselt seine Farbe, um nicht aufzufallen. Der Löwe brüllt, Pferde fliehen und Möwen kreischen drohend“, sagt die Fachfrau. Bei Wölfen wurde beobachtet, dass sie im Umgang mit Zwietracht wahre Meister sind. Sie vermeiden Auseinandersetzungen, wann immer es geht. Sie verfügen über ein umfangreiches Repertoire, um sich mit ihresgleichen zu verständigen.

Allerdings wurden die Signale lange Zeit nicht richtig erforscht. Erst Ende der 1980er-Jahre untersuchte die norwegische Hundeexpertin und -trainerin Turid Rugaas, ob diese Zeichen auch in der Hundewelt zu finden sind. Sie identifizierte eine Vielzahl verschiedener Beschwichtigungssignale, die sogenannten Calming Signals.

Die Strategien der Hunde
Der Hund zeigt wie es ihm geht
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Die vier Strategien der Konfliktlösung

Um einen Konflikt zu lösen, wenden Hunde vier verschiedene Strategien an: Ablenken, Flucht, Erstarren, Kampf. Um abzulenken, wälzt sich der Vierbeiner am Boden, er schnuppert, kratzt oder spielt den Clown. Wenn er aber die Chance hat, ergreift er die Flucht. Oft wird das Entfernen fälschlicherweise als Ungehorsam gedeutet. Dabei will er einfach nur der ihm unangenehmen Situation ausweichen. Ist er aber angeleint, hat er weder die Chance, sich zu wälzen noch zu fliehen. Dann erstarrt er. Wenn ich mich nicht bewege, ist es gleich vorbei, mag er dann denken. Äußerlich wirkt Bello ganz ruhig und gelassen. Doch in seinem Inneren tobt ein Gefühlschaos. Gibt es in den Augen des Hundes keine andere Lösung, dann bleibt ihm nur noch der Angriff. Er fängt an zu drohen, knurrt, schnappt oder beißt aus der Erstarrung heraus zu.

Hundesprache verstehen lernen

Die Vierbeiner verstehen die Hinweise ihrer Artgenossen natürlich sehr gut, „antworten“ auf die ausgesandten Beschwichtigungssignale. Nur wir Menschen sind oft begriffsstutzig. Das kann für den Hund frustrierend sein, besonders, wenn wir ihn dann auch noch bestrafen. Wenn unser Partner auf vier Pfoten also plötzlich erstarrt und sich tierisch schwer macht, zeigt er, dass er ein Problem hat.

Die Strategien der Hunde
Mit mehr Verständnis zu einer besseren Beziehung
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Maya möchte nicht auf dem Schoß ihres Frauchens kuscheln, also lässt Jeanette sie an diesem Abend in Ruhe. Seit er eine Hundebox hat, springt Poldi freiwillig ins Auto. Er fühlte sich in dem riesigen Kofferraum schlichtweg nicht sicher. „Das Wissen um die Beschwichtigungssignale erleichtert den Alltag zwischen Mensch und Hund um einiges“, ist Dr. Franziska Kuhne überzeugt. „Letzterer zeigt deutlich, wann es ihm zu viel wird, und die Halter sollten unbedingt lernen, das zu respektieren.“ Jana Krone

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