Seit 2022 ist die neue Tierschutz-Hundeverordnung in Kraft. Volldampf voraus oder Augenwischerei? Zumindest für Tierhalter ist klar formuliert, was sich in Zukunft verbessern soll.
Mit den gesetzlichen Vorgaben will das Bundeslandwirtschaftsministerium Anfang 2022
wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Bedürfnisse von Hunden bei Haltung und Zucht Rechnung tragen. So lautet die offizielle Formulierung der TierSchHuV.
Insbesondere die Anforderungen an die Zucht wurden überarbeitet und verschärft. Zukünftig darf eine Bezugsperson maximal drei Würfe gleichzeitig betreuen und muss unter anderem dafür sorgen, dass die Hündin in einer Wurfkiste genügend Platz, eine angenehme Temperatur
sowie Rückzugsmöglichkeiten hat. Welpen dürfen erst im Alter von acht Wochen vom Muttertier getrennt werden und müssen eine ausreichende Sozialisierung erhalten. Mindestens
vier Stunden täglich schreibt der Gesetzgeber im Umgang mit den kleinen Pfoten vor.
Wird das Veterinäramt auf Missstände aufmerksam gemacht und muss die Hündin mit ihren Welpen aus dem Haushalt entfernen und im Tierheim unterbringen, hat die Kosten, die dadurch entstehen, der Tierbesitzer zu tragen. Bei rund 16 Euro pro Tag und Hund und oft auf eine Dauer von mehreren Wochen kann dabei eine beträchtliche Summe entstehen.
Keine Qualzuchten mehr
Ein wesentlicher und längst überfälliger Punkt betrifft das Ausstellungsverbot von Qualzuchten. Dazu zählen beispielsweise der Mops, sogenannte Teacup-Hunde, Französische und Englische Bulldoggen, denen bestimmte Merkmale wie kurze Nasen, Glupschaugen und Hautfalten
angezüchtet worden sind, damit sie niedlicher aussehen. Sie dürfen ab sofort weder auf Messen noch Ausstellungen oder Sportveranstaltungen zur Schau gestellt werden. Gleiches gilt für Hunde mit kupierten Ohren und Ruten. Allein dieser tierschutzwidrige Eingriff erfüllt bereits den Straftatbestand des § 17 TSchG und Verstöße dagegen werden streng geahndet.
Mehr Schutz für Hof- und Arbeitshunde
Die Zwingerhaltung ist weiterhin, aber nach folgenden Regeln erlaubt: Mehrmals täglich Auslauf, regelmäßiger Kontakt zu Artgenossen, mehr Platz sowie eine ausreichend große Schutzhütte stehen auf der Agenda. Auch die Anbindehaltung wird untersagt beziehungsweise ist nur noch unter bestimmten Voraussetzungen für Arbeitshunde zulässig. Allerdings trat diese Bestimmung erst 2023 in Kraft.
Im Training und in der Ausbildung gibt es endlich ein generelles Verbot von Stachelhalsbändern und anderen für die Vierbeiner schmerzhaften Mitteln. Das bezieht Halsbänder mit Sprüh-, Ton-, Ultraschall- oder Vibrationsfunktion mit ein. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, wie wenig geeignet Strafreize sind, um ein unerwünschtes Verhalten abzutrainieren. Jetzt ist es auch offiziell tierschutzwidrig. In der Hundeerziehung stehen genug andere Möglichkeiten zur Verfügung, wie die positive Konditionierung.
Wichtig für Hundehalter
Ein Transport von Hunden soll zukünftig bei einer Außentemperatur von mehr als 30 ºC nicht länger als viereinhalb Stunden dauern. Und der von Welpen, die jünger als acht Wochen sind und ohne Begleitung des Muttertiers, darf nicht weiter als 100 Kilometer sein.
Bei der Haltung eines einzelnen Hundes muss der Tierbesitzer die Betreuung seines felligen Schützlings gewährleisten, ihn hinreichend sozialisieren und den Kontakt mit Artgenossen fördern. Es sei denn, dies ist im Einzelfall aus gesundheitlichen Gründen oder aus Gründen der Unverträglichkeit zum Schutz des Hundes oder der anderen nicht möglich.
§ 5 TierSchHuV regelt die Anforderungen an das Halten in Räumen und Raumeinheiten. Demnach muss das Zuhause des Vierbeiners eine bestimmte Größe aufweisen, der Einfall von natürlichem Tageslicht sichergestellt sein oder ein Auslauf ins Freie zur Verfügung stehen. Bei geringem Tageslichteinfall sind die Räume entsprechend dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus zusätzlich zu beleuchten und eine ausreichende Frischluftversorgung sicherzustellen.
Die Tierschutz-Hundeverordnung basiert auf dem bestehenden Tierschutzgesetz und regelt
entsprechend auch die Ordnungswidrigkeiten. Die Bußgelder und Strafen können, je nach Verhältnismäßigkeit, zwischen 20 und 20.000 Euro liegen. In brisanten Fällen wird ein Hundehaltungsverbot ausgesprochen. Die neue Gesetzesvorlage hat Substanz und ist für jeden gut verständlich. Widersinnig ist nur, dass trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse und der neuen Verbote dem Handel mit Stachelhals- und Elektrohalsbändern kein Riegel vorgeschoben wird. Denn das beste Gesetz nützt nichts, wenn jeder, der es nicht einhalten will, ein Schlupfloch findet. Suzanne Eichel