Zahnerkrankungen haben das Potenzial, das Wohlbefinden der Tiere wesentlich zu beeinträchtigen. Beläge und Frakturen können regelrecht zu einem Teufelskreis im Maul des Hundes führen. Mangelnde Hygiene führt nicht nur irgendwann zum Verlust der Beißerchen, sondern kann andere Erkrankungen nach sich ziehen.

Ein Welpe bekommt seine ersten Milchzähne im Alter von vier bis fünf Wochen, nach etwa sechs Monaten ist der Zahnwechsel abgeschlossen. Im Oberkiefer befinden sich 20, im Unterkiefer 22 Beißerchen. Es gibt jedoch einige Rassen, bei denen nicht (immer) das ganze Gebiss vollständig vorhanden ist. Manchmal passiert es, dass die abgestorbenen Milchzahnreste nicht zeitgerecht ausfallen und neben dem bleibenden Zahn stecken bleiben. Deshalb ist die Beobachtung des Milchzahnwechsels beim Welpen eine wichtige Maßnahme.

Ein tadelloser Fang mit einwandfreien Zähnen ist nicht nur aus ästhetischen und hygienischen Gründen wünschenswert. Bekanntlich beginnt der Verdauungsprozess mit dem Aufnehmen, Zerkleinern und Einspeicheln der Nahrung im Mund. Deshalb sind ein funktionsfähiges Gebiss und eine gesunde Mundhöhle immens wichtig. Auch beim gesunden Hund wimmelt es dort nur so von Keimen, hauptsächlich Bakterien und Protozoen, also winzige, einzellige Lebewesen – sie bilden die Mundflora. Durch Selbstreinigung mittels Speichelfluss, Bewegungen der Zunge und der Backenschleimhaut, Abrieb durch Kauen und Nagen und körpereigener Abwehrmechanismen hält er sie im Gleichgewicht. Zähneputzen von Anfang an verhindert Schlimmeres.

So entsteht Karies

Zahnpflege bei Hunden
Sind alle Zähne vorhanden? ©Mori/adobe stock

 

Wenn diese Mechanismen jedoch versagen, beginnen sich die Keime in der Mundhöhle massenhaft zu vermehren. Der Bakterienrasen bildet Beläge an der Zahnoberfläche. Diese Ablagerungen – auch als Plaque bezeichnet – sind ein Filzwerk aus Keimen, Nahrungsresten,
abgeschilferten Zellen und Speichelinhaltsstoffen. Vom Zahnfleischrand ausgehend überziehen diese Beläge bald den ganzen Zahn und werden immer dicker. Mineralsalze aus dem Speichel lagern sich ein. Im Laufe der Zeit wird aus dem weichen Zahnbelag durch Verkalkung knochenharter Zahnstein.

Dadurch wird ein Teufelskreis ausgelöst, beginnend mit einer Zahnfleischentzündung. Der Zahnstein drückt auf das Zahnfleisch und schiebt sich zwischen dieses und den Zahnhals. Es kommt zur Bildung von Taschen am Zahnfleischrand und zum Zahnfleischschwund, was das Eindringen von Bakterien in das Zahnfach ermöglicht. Dort setzen die Erreger ihr zerstörerisches Werk fort. Lockerung der Zähne, bakterielle Infektionen und Zahnausfall sind das Ergebnis. Parodontale Erkrankungen können über Entzündungen im Kieferknochen sogar Organe wie Herz, Leber und Nieren schädigen.

Karies kommt auch bei Hunden vor

Trotz ihrer Härte können Zähne brechen oder feinste Haarrisse bekommen. Als Ursache kommt hier eine plötzlich auftretende, starke Krafteinwirkung in Frage. Typische Beispiele sind ein heftiger Biss auf harte Gegenstände wie Steine oder Knochen oder ein Schlag auf den Kiefer, beispielsweise bei einem Unfall oder Sturz. Dabei kann es passieren, dass der Zahn splittert, seine Spitze abbricht und den Wurzelkanal eröffnet, der mit Blutgefäßen und Nerven im Zahninneren verläuft.

Zahnpflege bei Hunden
Belag sollte entfernt werden ©adobe stock

Dies verursacht starke Schmerzen, die der Hund durch Kaubeschwerden bis hin zur Futterverweigerung zu erkennen gibt. Der so geschädigte Zahn ist nicht nur empfindlich gegen Wärme und Kälte; über den Wurzelkanal können auch Schmutzpartikel und Keime in das Zahnbett eindringen und eine Zahnfachentzündung nach sich ziehen.

 

Karies sind Löcher, die durch Entkalkung des Zahnschmelzes entstehen und oft Folge von Zahnstein oder ständiger Fehlernährung. Zucker, der an den Beißerchen kleben bleibt, wird von der Mundflora zu Säure verwandelt, die den Zahnschmelz gewissermaßen ausätzt. Über die entstehenden Löcher können ebenfalls wieder Bakterien in den Wurzelkanal gelangen und eine Entzündung hervorrufen.

Entzündungen führen zu Zahnverlust

Diese Entzündungen bleiben oft unbemerkt, da der betroffene Zahn – wenn er mehrere Wurzeln hat – durch noch gesunde Wurzeln im Zahnbett verankert bleibt. Der Entzündungsprozess setzt sich jedoch weiter fort. Schließlich wird der Kieferknochen angegriffen, wodurch sogenannte Zahnfisteln entstehen. Sie treten häufig im Oberkiefer auf, wobei überwiegend der Reißzahn befallen ist. Von solchen Infektionsherden geht nicht selten eine Bedrohung des gesamten Körpers aus, dann nämlich, wenn Bakterien in die Blutbahn
einbrechen.

Zahnpflege bei Hunden
Lieber öfter mal einen Check machen ©adobe stock

Dieses Geschehen, bei dem die Erreger in andere Gewebe ausgeschwemmt werden, wird
auch als Blutvergiftung (Sepsis) bezeichnet. Die gleiche Gefahr droht bei einem Zahnverlust.
Bemerkt ihn der Halter, sollte er sofort zum Tierarzt gehen. Der Wurzelkanal liegt offen, krankheitserregende Bakterien haben freie Bahn ins Zahnfleisch und es droht ein Abszess im Kieferknochen. Bei frühzeitigerBehandlung können aber selbst abgebrochene Zähne erhalten bleiben. Es gibt die Möglichkeit der Wurzelbehandlung, Füllung oder Krone.

Störungen des Zahnwechsels

Veränderungen in der Zahnstellung und Zahnlücken sind fast immer erblich bedingt. Bei manchen Rassehunden führt das zum Zuchtausschluss. Bei einigen Vierbeinern gelten sie dagegen als erwünschtes Merkmal. Meist treffen dabei die Partnerzähne des Oberund
Unterkiefers nicht – wie von der Natur vorgesehen – exakt scherenartig aufeinander. Beim Hechtgebiss ist beispielsweise der Oberkiefer in Bezug zum Unterkiefer zu kurz, beim Überbeißer (Karpfengebiss) ist genau das Gegenteil der Fall. Solche Zahnfehlstellungen werden dann zum medizinischen Problem, wenn die Aufnahme und Zerkleinerung der Nahrung behindert ist, kein normaler Zahnabschliff erfolgt, der Ansatz von Zahnstein
begünstigt oder die Mundschleimhaut geschädigt wird.

Regelmäßiges Putzen hilft ©adobe stock

Fremdkörper in der Mundhöhle

Fremdkörper richten großen Schaden an. Grannen oder Nadeln können sich in die Mundschleimhaut bohren, Fäden oder Blutgefäßringe aus dem Futter um die Zunge legen, Knochen oder Holzsplitter zwischen den Zähnen einkeilen. Die Wunden, die hierdurch entstehen, sind schmerzhaft und infektionsgefährdet. Außerdem besteht das Risiko, dass die Zunge abgeschnürt oder gequetscht wird. Meist schafft es der Hund nicht allein, den Fremdkörper loszuwerden. Ohne Hilfe können sich qualvolle, teilweise lebensbedrohliche Zustände entwickeln. Fremdkörperverdacht besteht immer bei starkem Speichelfluss in Verbindung mit heftigen Kieferbewegungen, Kaubeschwerden, Futterverweigerung, Blutungen aus dem Fang oder kläglichem Winseln.

Die Mund- und Zahnhygiene sollte zum Alltag eines Hundes zählen, so wie der jährliche Check beim Tierarzt. Genau dort findet einmal jährlich auch ein Zahncheck statt. Das regelmäßige tierärztliche Entfernen von Zahnstein mit anschließender Politur der Zähne ist eine wertvolle prophylaktische Maßnahme. Ebenso wichtig für den dauerhaften Erfolg ist aber die Nachsorge
zu Hause: durch konsequente Zahnhygiene. Dr. Sabine Schüller

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