Die Diskriminierung von Lebewesen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer
bestimmten Art wird als Speziesismus bezeichnet. Er beruht auf der Annahme,
dass die eigene Art überlegen ist und daher das Recht hat, andere Gattungen
auszunutzen oder zu missbrauchen. Wir begegnen diesem Phänomen täglich,
auch wenn uns das oft nicht bewusst ist.

Hunde, Katzen, Kaninchen, Ratten, Affen, Fische und Schweine – es gibt kaum ein Lebewesen, das nicht im Namen der Wissenschaft Qualen erleiden muss, um die Sicherheit und Wirksamkeit von Produkten und Medikamenten für den menschlichen Gebrauch
zu testen. Dabei werden die Tiere oft unter schmerzhaften und leidvollen Bedingungen gehalten und anschließend getötet. Dies geschieht, obwohl es Alternativen gibt.

Die Versuche basieren auf der Annahme, dass Tiere weniger wertvoll sind und daher für Experimente verwendet werden können. Dies ist eine Form von Speziesismus, die die Rechte und das Wohlergehen von Tieren missachtet. Es gibt viele Argumente dagegen, darunter
ethische, wissenschaftliche und praktische. Speziesismus geschieht natürlich nicht nur in den Laboren oder hinter geschlossenen Türen. Wir begegnen ihm auch täglich im Supermarkt, in Form von Fleisch aus Massentierhaltung, vor allem von Schweinen und Rindern.
Das Schreddern männlicher Küken, die für die Eierproduktion nicht benötigt werden, ist eine weitere Variante.

Wer ist mehr wert – Mensch oder Tier?

Der Begriff Speziesismus stammt aus der Tierethik, bei der es darum geht, welche moralischen Pflichten der Mensch gegenüber Tieren hat. Von Kindheit an prägt uns speziesistisches Denken. Wir nehmen es oft unbewusst als selbstverständlich, natürlich und richtig hin. Doch diese Haltung ist fragwürdig, denn sie wurzelt allein in der Ausbeutung anderer Lebewesen. Sie verlieren ihre Individualität, werden entwertet und zu gefühllosen
Geschöpfen zweiter Klasse degradiert.

Als weniger schlimm angesehen werden dabei qualvolle Experimente an Mäusen und Ratten im Gegensatz zu solchen an Hunden oder Katzen. Wie kann es sein, dass manche Tiere mehr Mitleid erregen und das Leid anderer toleriert wird? Dieses extreme Ungleichgewicht sowie
eine ungerechte, willkürliche Unterscheidung zwischen den Tierarten, die wir beschützen, hegen, pflegen und als Familienmitglieder halten, und jenen, die wir für bestimmte Zwecke ausbeuten, ist enorm und entbehrt jeder Logik.

Tierversuche und Rassismus an Lebewesen
Eine Welt ohne Tierversuche wäre schön ©Klaus Hartwig/adobe stock

Das Argument der ethischen Bedenklichkeit

Die Argumentation für das Leid an Lebewesen, die sich nicht wehren können, ist mehr als fadenscheinig. Eine Tierart gilt in manchen Augen als wertvoller, wenn sie durch kognitive und emotionale Fähigkeiten oder gewisseFormen von Selbstbewusstsein dem Menschen ähnlich ist. So rechtfertigt beispielsweise die Max-Planck-Gesellschaft Versuche an Tieren, die diese Ähnlichkeit nicht oder in geringerem Maße aufweisen. Gleichzeitig aber sagt sie aus, Experimente an Menschenaffen seien zu Recht verboten. Dies läge daran, dass diese Spezies die genannten Fähigkeiten besäßen und Experimente an ihr aufgrund dessen „in höherem Maße ethisch bedenklich“ wären als an anderen, jedoch ebenso fühlenden Lebewesen.

Je nach Kulturkreis sieht die Wertschätzung allerdings unterschiedlich aus. Während hierzulande beispielsweise der Verzehr von Hundefleisch tabu ist, stehen unsere treuen Vierbeiner im Süden Chinas gern auf dem Speiseplan. Indessen sind Rinder in
Indien heilig, kein Hindu käme auf die Idee, ein Steak zu essen. Für uns aber sind es Nutztiere, zum Schlachten geboren.

Alles eine Frage der Intelligenz?

Wir wissen mittlerweile, wie intelligent Delfine, Schweine oder sogar Wirbellose wie Oktopoden sind. Das Argument der Klugheit oder Denkfähigkeit ist damit obsolet. Schließlich ist auch jeder Mensch nicht gleich klug oder gebildet. Um mal beim Beispiel der Delfine und Wale zu bleiben: Ihre Haltung in den Freizeitparks zu unserem Vergnügen gehört ebenfalls
zum Speziesismus. Die Tierrechtsorganisation PETA zitiert in diesem Zusammenhang
gerne den Philosophen Jeremy Bentham aus dem 18. Jahrhundert:

„Es kommt nicht darauf an,
ob Tiere denken oder reden können –
sondern ob sie leiden können!“

Immer mehr Menschen bevorzugen eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise.
Nicht nur aus gesundheitlichen und ökologischen, sondern vor allem aus moralischen
Gründen. Doch nicht jeder muss auf Fleisch verzichten. Es wäre schon viel erreicht, wenn die Kennzeichnung von Tierwohl noch konsequenter geschähe, eine artgerechte Haltung von
Nutztieren eine höhere Priorität genösse, Tierversuche abgeschafft würden und Lebewesen nicht rein zu unserem Vergnügen in qualvoller Haltung dahinvegetieren müssten. Für eine bessere Welt kann jeder etwas tun. Hinschauen ist der erste Schritt.

 

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