Nervenkitzel pur bieten die Touren durch diese herbstlichen Landschaften. Auf den ersten Blick sind sie traumhaft schön. Wer aber genauer hinsieht oder die Ohren aufstellt, wird Dinge entdecken oder Töne hören, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen. Nichts für schwache Nerven, so viel sei verraten.
Schleswig-Holstein – Die versunkene Kapelle
Der Ukleisee nahe Eutin kann trotz Indian-Summer-Feeling ganz schön gruselig werden.
Durch den Wald gelangen furchtlose Zwei- und Vierbeiner ans Ufer des Gewässers, an dem
noch ein verlassenes Hotel nebst Jagdschlösschen steht. Einst befand sich in dem Tal kein
See, aber eine Kapelle, in der geheiratet wurde. Ein unglückliches Paar gab sich das Ja-Wort,
erzürnte damit den Wettergott, der ein Unwetter schickte und die ganze Gegend überflutete.
So entstand der Ukleisee, von dessen Grund noch immer die Hochzeitsglocken zu hören sein
sollen, erzählen Besucher hinter vorgehaltener Pfote.
Zum Ukleisee, 23701 Eutin
Hamburg- Burg Henneberg
Das Alsterschlösschen ist 130 Jahre jung und Hamburgs einzige Burg. Leider „geklaut“,
denn das Original steht in Thüringen. Begeben sich Mensch und Hund zum Alsterlauf
an der Poppenbütteler Schleuse, erhaschen sie einen Blick auf Burg Henneberg, die
öffentlich nicht zugänglich ist. Wer aber am frühen Morgen oder bei Abenddämmerung
herumschleicht, soll Merkwürdiges hinter Mauern und Fenstern beobachten. Vielleicht
sind es die Geister der Ritter aus der Meininger Burgruine, die einen Ausflug in die
Hansestadt unternommen haben.
Marienhof 8, 22399 Hamburg
Niedersachsen – Opferbecken am Deister
Wer über den Deister geht, ist des Todes – das ist nicht nur eine Redewendung, sondern muss jeder wissen, der den Felsen der Alten Taufe im Deister nahe Hannover besucht. Wenn in seinem Becken Wasser steht, ist nichts zu befürchten, so die Sage. Herrlich spiegeln sich im „Taufbecken“, das früher auch ein Opferstein gewesen sein soll, Wald und Himmel. Wenn nicht, dann nix wie weg.
Parken am Oberer Kammweg, 31848 Bad Münder
Mecklenburg-Vorpommern – Gespensterwald Nienhagen
Am Rande des Ortes Nienhagen, direkt an der Steilküste, lehrt ein verwunschener Wald die Wanderer das Fürchten. Gespenstisch ragen die Kronen von Eichen, Buchen und Eschen in den Himmel und jagen einem einen Schauder über Rücken und Fell. Bei starkem Wind hört es sich an, als ob die Bäume flüstern und sich über die Spaziergänger lustig machen würden. Deswegen heißen sie „Windflüchter“, was die ganze Sache rational erklären könnte.
Waldstraße, 18211 Nienhagen
Berlin – Murellenschlucht
Höhen, Tiefen und Abgründe finden sich im Ruhlebener Schanzenwald und der Murellenschlucht, direkt neben der legendären Waldbühne. Mahntafeln zeugen davon, dass hier im Zweiten Weltkrieg Tausende Todesurteile gegen Wehrmachtsangehörige vollstreckt wurden. Eine lange Treppe führt hinab in die Schlucht, begleitet von weiteren verspiegelten Tafeln, mal mit Botschaft, mal ohne. Die Sonne schickt nur ein paar vereinzelte Sonnenstrahlen durch das Walddickicht. Außer dem Rauschen der nahe gelegenen S-Bahn ist kein Geräusch zu vernehmen. Ein Pfad führt durch das Gehölz, mittendrin liegen umgefallene Bäume und strecken ihre nackten Äste gekrümmt in die Höhe. Angesichts der Historie raubt einem dieser seltsame Anblick den Atem.
Friedrich-Friesen-Allee 1, 14053 Berlin
Brandenburg – Rundgang durch die verbotene Stadt
Mehr als 100 Jahre Militärgeschichte lassen sich auf diesem elf Kilometer langen Pfad bei
Zossen erleben. In der „verbotenen Stadt“ Wünsdorf-Waldstadt haben sich die kaiserlichen
Truppen, die deutsche Heeresführung sowie die sowjetischen Streitkräfte ausgetobt. Nach
der Wiedervereinigung wurde das Areal sich selbst überlassen, doch Bunker, verlassene
Gebäude und Informationstafeln zeugen von der Vergangenheit. Und wenn der Wind durch
die Ruinen pfeift, stellen sich einem die Haare auf – oder eben das Fell.
Zeppelinstraße, 15806 Zossen
Sachsen – Die mystische Brücke
Eine steinerne Brücke spannt sich in einem Halbbogen über den Rakotzsee, die Wasserspiegelung macht daraus einen fast perfekten Kreis. Ein Anblick, der einen sogleich ins Auenland versetzt. Die Anwohner glaubten an ein Teufelswerk und nennen das 35 Meter lange Bauwerk nur ehrfürchtig Teufelsbrücke. Der ist bislang zwar nicht in Erscheinung getreten, dafür erlangte die aus Feld- und Basaltsteinen erbaute Brücke anderweitig Weltruhm. Besichtigen ist erlaubt, nur bitte nicht mehr betreten.
Halbendorfer Straße 6, 02953 Gablenz
NRW – Drachenfels im Siebengebirge
Die wohl bekannteste Sage dieses Berges erzählt das Nibelungenlied: Auf dem Felsen im
Siebengebirge soll Siegfried den Drachen getötet und seine Unverwundbarkeit erlangt
haben. Wer sich davon selbst überzeugen möchte, steigt hinauf, vorbei an der Nibelungenhalle, an Schloss Drachenburg und dem alten Mammutbaum, auf das berühmte Plateau. Wem das zu schaurig ist, der nimmt die Drachenfelsbahn. Die Vierbeiner fürchten nichts anderes als die schaukelige Bahn und möchten sich lieber zu Fuß den Nervenkitzel abholen.
Drachenfelsstraße, 53639 KönigswinterSachsen
Hessen – Felsenmeer im Odenwald
Hier wird es gewaltig: Zwei Riesen lebten vor ewigen Zeiten in den Wäldern von Lautertal und waren sich nicht grün. Im Streit sollen sie sich riesige Gesteinsbrocken an den Kopf geworfen und so das Felsenmeer im Odenwald erschaffen haben. Es wird gemunkelt, wer das Ohr auf die Steine lege, höre noch das erzürnte Brüllen der mächtigen Wesen. Bello mag beim Schnüffeln daran eher noch einen vagen Geruch der Römer wahrnehmen, die das Meer schließlich zur Steingewinnung nutzten. Auf dem nahe gelegenen Nibelungensteig gibt’s dann noch mehr Sagenhaftes.
Seifenwiesenweg 59, 64686 Lautertal
Baden-Württemberg – Eselsburger Tal
Einsam erkunden Wanderer auf zwei Füßen und vier Pfoten das verwunschene Tal am Rande der Schwäbischen Alb. Es geht durch herrliche Heidelandschaften und bewaldete Hügel bis zur Felsengruppe der „Steinernen Jungfrauen“. Der Mythos erzählt von dem Burgfräulein aus dem Geschlecht Esel von Eselsburg, der kein Freier gut genug war. Mit zunehmenden Alter blieben die aus, aus Schande darüber begann sie, alle Männer zu hassen. So sehr, dass sie auch ihren Mägden verbot, sich jemals mit dem anderen Geschlecht einzulassen. Es kam, wie es
kommen musste: Die Jungfrauen hielten sich nicht daran und wurden von ihrer Herrin zu Stein verzaubert.
Parkplatz L1079, 89542 Herbrechtingen
Bayern
Das Höllental im Frankenwald
Die wildromantische Schlucht ist von steil aufragenden Felswänden eingeschlossen, die Wege sind teilweise eng und sehr abenteuerlich, und so kam es auch zur Bezeichnung Höllental. Tief unten führt der Teufelsweg über das tosende Gewässer. Weitere weniger schauerliche Sagen ranken sich um den Aussichtspunkt „König David“ und den Hirschsprung. Letztere erzählt von einem Hirsch, der sich mit einem beherzten Sprung über das Felsplateau der Selbitz vor einem angreifenden Wolf rettete, woraufhin sein Verfolger in die Schlucht stürzte.
Humboldtstraße 25, 95119 NailaPestkapelle bei Weilheim
Pestkapelle bei Weilheim
Achtung, Gänsehaut: Die Pollingsrieder Kapelle im tiefen Wald bei Seeshaupt ist nichts für
Angsthasen. Sie ist von mehreren alten Brunnen in Form eines Pentagramms umgeben, um
Dämonen fernzuhalten. Als die Pest herrschte, widmeten die Bauern dem Heiligen Sebastian
diesen Ort. Solange die Glocken zu hören waren, sollte niemand erkranken. Aber es gibt
noch eine andere Geschichte, von einem Mädchen, das im 16. Jahrhundert in der Nähe des geweihten Ortes ermordet und in einen der Brunnenschächte geworfen wurde. Es besaß
einen pechschwarzen Hund mit feuerroten Augen, der noch heute im Wald herumstreift
und den Tod seiner Halterin mit schaurigem Heulen beklagt.
Pollingsried, 82402 Seeshaupt
Text: Suzanne Eichel